Kölsche Originale

Kölsche Orgenale – su woodte Minsche genannt, die juxige ov komische Enfäll hatte. Se all hatte usgefalle Idee un mancheiner soch och e bessche löstig us ov dät sich ärg klüchtig verhalde. Meddlerwiel kennt mer se kaum noch – doröm es et an der Zigg, se uns ald widder en et Gedächnis zo rofe. 

Der große Komet

Der große Komet (Johan L- Dickopf 23. Februar 1820 - 11. Mai 1865)

Ca 160 Jahre ist es her, dass der Stern des Johann L. Dickopf am Kölner Gastronomiehimmel aufstieg – quasi kometengleich! Noch heute findet man in der Gaststätte „Gertrudenhof“ Bilder, die Zeugen dieser Zeit sind und von dem Mann erzählen, dessen Geschichte so eng mit der des Wirtshauses verbunden ist. Die Geburtsstätte des Johann L. Dickopf liegt in Sinzig am Rhein. Seine Eltern waren arm und dennoch brachte er es fertig, einem Kölner Haus zur vollständigen Blüte zu verhelfen. Am 20. Oktober 1855 übernahm er den Gertrudenhof von dem Ehepaar Osterwald. Doch wie kam es dazu?

Ein Aufstieg ohnegleichen
Einen Plan hatte der 1820 geborene Johann von Beginn an: Er wollte ein Lokal der absoluten Superlative in Köln. Und so zog es ihn bereits in jungen Jahren in die Großstadt, wo er fortan tagaus tagein schuftete. In der Woche verdiente sich Johann in der Schreinerei von Johann Wego – oftmals zehn oder zwölf Stunden am Tag, sonntags kellnerte er im Ballsaal von Johann Eiser – Komödienstraße 234. Jeden Groschen legte er auf Seite, um sich den Traum eines Tags erfüllen zu können. Und das Glück war ihm hold: Zunächst wurde die Schwester seines Meisters – Gertrud Walburga Wega, 15 Jahre älter als er – im Dezember 1848 seine Frau und schließlich überließ ihm die Witwe Maria Anna Eiser nach dem Tod ihres Mannes den zweitgrößten Tanzsaal Kölner „für nen Appel un en Ei!“. Der Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft war somit gelegt, doch Johann L. Dickopf wollte mehr!

Aus einem Hof wird ein Paradies
Am 20. Oktober 1855 war es so weit und Dickopf erwarb mit seiner Frau das Objekt „Gertrudenhof vulgo Geistensterz“. Ein Gebäude, bestehend aus Wohnhaus mit Wirtschafs- und Restaurations-Localen, Hofraum, Garten und andere Dependentien – und das Ganze für 18400 Taler – ein wirklich gutes Geschäft.
Dann begann der Umbau und Dickopf kümmerte sich um jedes Detail selbst: Die Tanzfläche wurde mittels künstlicher Zitronenbäume und exotischer Vögel zu einem Paradiesgarten umgestaltet; zudem erlebten die Kölner absolute Spitzenleistung an Gastronomie. Von elsässischer Gänseleberpastete über norwegischen Hummer und russischen Bärenschinken – selbst der König kam nicht an diesem Ort vorbei und bekam von Johann einen erlesenen Tropfen Wein geboten.
So mancher versuchte natürlich, sich seinen Spaß mit dem Ehepaar zu machen, doch vor allem Frau Dickopf war dagegen mit allen Wassern gewaschen. So wollte einmal ein Leutnant die Dame des Hauses mit dem Spruch ärgern: „Gnädigste leiten ihren Stammbaum sicherlich bis zur Arche Noah zurück?!“, doch diese konterte „Enä, Jüngelche, ming Ahne hatte e eige Boot!“

Der große Komet
Als am 5. Oktober 1858, für alle gut sichtbar, der Donatus-Komet am Himmel über dem Lokal auftauchte, nahm der Wirt dies zum Anlass, seinen Betrieb umzubenennen und nun lautete der Name „Im großen Kometen“. Übrigens ein lustiger Side-Fact: Bei einer vom Entdecker Donati errechneten Umlaufzeit des Kometen von 1879 Jahren, wird dieser im Jahre 3737 wieder über Köln zu sehen sein – wir werden sehen!
Auch wichtig zu erwähnen ist, dass besagter Komet sich auch in den Liedern des Karnevals wiederfand. Das Lied „Der Kumeet“ ist natürlich auch in unserer Liedersammlung nachzulesen!
Doch nicht nur kulinarisch, auch musikalisch ging das Ehepaar Dickopf neue Wege: Nach einer Bauzeit von 18 Monaten konnte der OB Stupp den neuen Saal einweihen und die hochrangigsten Musikchöre gaben sich die Ehre. So gaben unter anderen die Musikchöre des 16., 30. Und 33. Infanterie-Regiments und des 8. Cuirassier-Regiments Proben ihres Könnens. Die Kölner und Kölnerinnen strömten in Scharen herbei.
Auch andere Konzerte und Programme wurden ein rauchendes Fest, doch Dickopf war noch immer nicht am Ziel seiner Träume angelangt: So schmückte er den Saal mit einem riesigen Kometen aus – und wir reden hier von einem Schweif von ca. 48 Fuß Länge (ca. 15 m) und 7 Fuß Umfang (ca. 2 m). Auch die Karnevalstage wurden unter der Leitung von Johann L. Dickopf zu einer wahren und noch Jahre später redete man von nichts anderem.
Eine schöne Überlieferung, wie sehr das Thema der Umtaufe des „Geistensterz“ in den „Kometen“ die Kölner beschäftigte, erzählt ein Einakter des „Albano Gürzenich“ (Vorläufer der Cäcilia Wolkenburg) am Karnevalsdienstag 1859. Die Szene spielt im Olymp:
„Alle Götter – Jupiter im Schlafrock, Merkur als Briefträger, Venus als „staatse decke Madam“ saßen auf Wolken […]
Als Pan – im Kostüm eines Ziegenbocks – Juno die Suppe zum Mittagessen reichen will, goss er diese aus Versehen übers Sonntagskleid, worauf der Olymp Gericht über den armen Pan hält und entscheidet „Haut im der Stätz av!“ So muss also der arme Pan seinen Ziegenschwanz auf den Block legen und Mars schlägt ihm diese Zierde ab, Jupiter ergreift diesen und wirft ihn aus dem Fenster des Olymps. Im selben Monet erhebt sich hinter der Szene – auf der Erde ein lautes Rufen „Uh! Süch ens do! Seht ens! D’r Kumet! D’r Kumet!“ Worauf einer aus der Götterschar hervortritt und verkündet: „Wat doch nit alles en de Welt passeet! Uus dem Geistestätz es wode ne Kumet!“

Ein ordentliches Sümmchen
Johann Dickopf kam nicht zur Ruhe, tagsüber plante unermüdlich weiter, abends mischte er sich unter die Gäste. So kam es nicht unerwartet: Nach der Session 1862 zwingt ihn eine Leberzirrhose in die Knie und somit ins Krankenhaus. Schnell geht es mit seiner Gesundheit bergab und bereits am 11. Mai 1865 schließt er die Augen für immer. Beeindruckend, was dieser Mann in nur 10 Jahren seiner Geistensterz-Tätigkeit bewirkte!
Ein rund 500 Positionen umfassendes Inventar gibt uns Auskunft darüber, dass Johann L. Dickopf einen Warenbestand von ca. 521 232 Mark zurückließ und ein Eigenkapital von ca.  6 662 064, 80 Mark. Umgerechnet reden wir hier von 266.500 Euro Ware und 3 406 260 Euro. Man sieht also, das Sprichworte „Wer nix weed, weed Weet“ hat für diesen Mann keine Gültigkeit.
Seine Witwe – ihrerseits stadtbekannt als Frauenrechtlerin, konnte ihren verstorbenen Mann nicht ersetzen und gab den Besitz an die Gebrüder Moser weiter. Am 7. Dezember 1869 erlitt sie einem Herzschlag. In der Nachfolge wechselte der Gertrudenhof oft den Besitzer, vom „Großen Kometen“ reden die Leute noch heute.