Kölsche Originale
Kölsche Orgenale – su woodte Minsche genannt, die juxige ov komische Enfäll hatte. Se all hatte usgefalle Idee un mancheiner soch och e bessche löstig us ov dät sich ärg klüchtig verhalde. Meddlerwiel kennt mer se kaum noch – doröm es et an der Zigg, se uns ald widder en et Gedächnis zo rofe.
Fressklötsch
Fressklötsch (Johann Arnold Klütsch 23. Februar 1778 (1775?) – 29. November 1845)
Selten ranken sich so viele Geschichten und Anekdoten um ein Kölner Original, wie um Johann Arnold Klütsch alias Fressklötsch! Tatsache ist, dass die Nennung seines Namens überall falsche Vorstellungen hervorruft. Beinah überall trägt sich das Bild eines übergewichtigen, esssüchtigen Menschen, dem sämtliches Benehmen fremd ist. Doch dem war bei weitem nicht so – ganz im Gegenteil: J. A. Klütsch war ein angesehener Mann aus dem Volk.
Er war der älteste Sohn des Ehepaars Anton & Adelheid Klütsch, hatte noch sieben Geschwister. Quellen besagen, dass er erst im höheren Alter lesen und schreiben. Grund war, dass er als Kind – statt wie gleichaltrige Freunde zur Schule zu gehen – seinem Vater halt, ein paar Pfennige dazuzuverdienen. So verdiente er sich als Gelegenheitsarbeiter und da er schon als Heranwachsender über enorme körperliche Kraft verfügte, war er schnell allen Arbeitgebern von großem Nutzen.
Ein stattlicher Kerl mit „Teufelskräften“
Ab ca. dieser Zeit fingen die ersten Geschichten rund um den jungen Mann an. Denn die Art wie der jugendliche Klütsch zupacken konnte, imponierte allen und schon bald kam das Gerücht auf, er habe „Teufelskräfte“. Schnell passierte das, was auch heute noch vorklommt: Eine Geschichte wird herumerzählt, jeder erfindet beim Weitererzählen eine Kleinigkeit dazu und schon hat man eine erstaunliche Story. So wie diese: Einmal soll Klütsch beim Entladen eines holländischen Schiffes geholfen haben und als Lohn ein Rad Käse erhalten haben. Beim Versuch, den Laib in die Stadt zu rollen, wurde er jedoch vom Zöllner aufgefordert, die übliche Steuer zu entrichten. Doch das sah der Fressklötsch gar nicht ein und zum Entsetzen des Zöllners setzte er sich auf einen Stein, verdrückte das komplette Käserad und marschierte grinsend und mit dickem Bauch in die Stadt. Natürlich wurde die Käseportion immer größer, je öfter die Geschichte weitererzählt wurde.
Wie bereits erwähnt, konnte der junge Klütsch weder lesen noch schreiben. Doch das sollte sich ändern. Als er im Jahr 1804 die Schneiderstochter Maria Cordula Walburga Müller heiratete. Unter ihrer Anleitung begann er, das Versäumte nachzuholen. Schon bald zeigte der Unterricht erste Fortschritte & da Klütsch ein gewitzter Kerl war, brachte er es – nicht zuletzt dank seiner Freundschaft zu Ferdinand Franz Wallraf – bald zu einem eigenen kleinen Althändlergeschäft, welches er in kurzer Zeit zu einem angesehenen Antiquitätenhandel ausbaute. Schon bald hatte er einen guten Ruf als Fachmann – auch weit über Köln hinaus - und so war er, besonders in Wirtshäusern, ein gern gesehener Gast. Und auch da ereignete sich eine gern gesehene Anekdote:
Klütsch wettete mit einem Gast um einige Schoppen Wein, dass er in der Lage sei, ein Bund Stroh und 25 Eier zu verspeisen. Die Wetter galt, Klütsch verbrannte das Stroh, sammelte die Asche in einer Pfanne, ließ sich dort die Eier hineinrühren & verspeiste alles vor den Augen des ungläubigen Gastes. Mit solchen und ähnlichen Geschichten versuchten die Wirte Kölns sich gegenseitig zu übertrumpfen. Hatte Klütsch in einem Wirtshaus ein ganzes Kalb verspeist, war es tags drauf im nächsten bestimmt das Kalb und viert Pfund Kartoffeln.
Nicht unschuldig an dessen „Phantasien“ waren die geselligen Abende des Fressklötschs in der „Ewigen Lampe“ zusammen mit Simon Meister. Dieser hatte nämlich den Schankraum der Wirtschaft (also Decken und Wände) ausgemalt & so zog es viele andere bedeutende Leute der damaligen Zeit dorthin. Darunter Hochkaräter wie Johann Baptist Farina, Karl Joseph DuMonts, Heinrich Joseph Foveaux, Prof. Johann Peter Balthasar Kreuser u. v. a. Simon Meister malte 1834/35 sogar den Fressklötsch und das Aquarell wurde von Bonaventura Weiß für die Lithographische Anstalt von Kehr & Nießen lithographiert. Im Original steht unter der Lithografie noch ein Fünfzeiler, der jedoch bei späteren Abbildungen weggelassen wird:
„Loht mer noch ene Schobbe krige:
Wer weiß ov morge noch en sin,
dann han mer den doch noch.
Wann mer morgen dudt sin
Dann brengt uns keiner jet noh!“
Mysteriöse Lebensdaten
Mit der gleichen Leidenschaft wie dem leiblichen Wohl, widmete Klütsch sich dem Karneval. Seit der Wiedergeburt des Kölner Karnevals 1823 war er von Anfang an dabei – war bei fast allen Sitzungen & Versammlungen anwesend. So soll er sogar einmal im Rosenmontagszug die Rüstung des Jan von Werth getragen haben, weil sie sonst keiner hatte schleppen können. Bis zu seinem Lebensende – im Jahre 1845 – blieb er dem Karneval und der Freiwilligen Feuerwehr stark verbunden.
Apropos „Lebensende“ – auf den „Lebensbeginn“ müssen wir genauer blicken und genau hier wird es mysteriös: Denn es liegen 2 Geburtsdaten von Johann A. Klütsch vor – der 23.02.1778 bzw. 1775. Nun, welche Quellen gibt es für welches Jahr?
Fakt ist: In allen Veröffentlichungen über Klütsch und diversen Zeitungsartikeln des 19./20. Jhdt. wird 1775 angegeben. In der Kölnischen Zeitung Nr. 334 (vom 30.11.1845) spricht die Witwe Klütsch vom „Ableben im 70. Jahre seines Wirkens“. Doch im Kirchenbuch der St. Columbo-Pfarre ist „Joannes Arnoldus“ als Sohn von Antonio und Adelheidis Klütsch im Jahre 1778 als neugeborener Täufling eingetragen. Zudem sagt die „Acte de Mariage No 200 Maire de Cologne“ aus, das Jean Arnaud Kluetsch im Alter von 26 Jahren. (geb. am 23.02.1778) im April 1804 im Kölner Rathaus geheiratet hat. Gehen wir also nach der Heiratsurkunde war J. A. Klütsch 41 Jahre verheiratet. Doch gehen wir nach dem Totenzettel aus dem Historischen Archiv der Stadt Köln, muss die Ehe der beiden 1800 geschlossen worden sein, doch die Heiratsurkunde besagt ganz klar 1804.
Nun gibt es Möglichkeit 1, dass sich die Witwe hinsichtlich des Alters und der Zahl der Ehejahre irrte – jedoch gilt das als ausgeschlossen. Doch ebenso unwahrscheinlich ist es, dass – da ja die „Acte de Mariage“ amtlich & auch die Eintragung ins Kirchenbuch hochoffiziell ist – das Sterbejahr nicht stimmt. Doch dies wird durch den Totenschein & die Zeitungsannonce widerlegt. Bleibt also nur die Vermutung, dass sich der Pfarrer von St. Columbo geirrt hat und möglicherweise den Tag der Taufe als den Geburtstag angesehen hat. Nun ja – all dies klingt sehr abenteuerlich und man darf gespannt sein, ob es eines Tages neue Erkenntnisse dazu geben wird. Wahr bleibt jedoch, dass wir es mit Johann Arnold Klütsch mit einem sehr markanten Kölner Original zu tun haben.