Kölsche Originale

Kölsche Orgenale – su woodte Minsche genannt, die juxige ov komische Enfäll hatte. Se all hatte usgefalle Idee un mancheiner soch och e bessche löstig us ov dät sich ärg klüchtig verhalde. Meddlerwiel kennt mer se kaum noch – doröm es et an der Zigg, se uns ald widder en et Gedächnis zo rofe. 

Schutzmann Streukooche (Johann Jakob Hehn 10. Oktober 1863 - 24. Dezember 1920)

Mit bereits 31 Jahren trat Johann Jakob Hehn seinen Dienst im Polizeirevier 15 im Jahr 1894 an. Sein Bezirk in Bayenthal – durch das er meist gemächlich spazierte – hatte nur einen gewaltigen Fehler: Zu viele Wirtschaften, denen der Schutzmann schwer widerstehen konnte. Und immer, wenn er ein paar Tropfen zu viel geschluckt hatte, wurde er sehr gesprächig. Und natürlich musste er des Öfteren erzählen, wie er zu seinem Spitznamen „Streukooche“ kam. Denn in der Tat hatte ein „Streuselkuchen“ etwas damit zu tun. Es geschah zu der Zeit, als Hehn noch Nachtwächter war. Damals waren ihm viele Hausschlüssel anvertraut, da es unter anderem zu seinen Aufgaben gehörte, die Bäckergesellen und -lehrlinge zu wecken. Als er zu einer Backstube an der Severinsstr. Kam, wurde er plötzlich vom Altgesellen angeschrien, wo er denn hereingekommen wäre. „Do Jeck, durch de Huusgang! Meinste, ich köm üvver de Läuvetrapp?“, bekam der Geselle von Hehn zur Antwort. Was er dabei jedoch übersah – weil er auch in dieser Nacht bereits ordentlich dem Alkohol zugesprochen hatte – war der Streuselkuchen, der zum Ausdünsten im Hausflur stand. Prompt trat er hinein und berichtete später immer wieder „Et wor gar nit su vill verdorve, ävver hä hät mer dä ganze Streukooche engepack, un dä han ming Kinder gefresse.“ Und so war der „Naakswächter Streukooche“ geboren Jeder nannte ihn so, doch Ärger deswegen bekam man mit ihm nicht.

Militärdienst - Nachtwächter - Schutzmann
Doch auch seine Ehefrau Christine war im Veedel bekannt. Während des Militärdienstes von Hehn (den er vor seiner Nachtwächtertätigkeit absolvierte), leitete sie ein kleines Butter-Eier-Käse-Geschäft in Bayenthal, in dem sie eines Tages aus Versehen ihre Katze einschloss. Diese landete letztendlich im Schaufenster, wo neben einem Butterberg auch Eier und Rübenkraut angerichtet waren. Leider kamen dadurch auch zahlreiche Fliegen und die Katze beschloss, die lästigen Gesellen zu vertreiben. Wie der Laden hinterher aussah, kann man sich denken: Ein Brei aus Butter, Eier und Rübenkraut – überall verteilt & verschmiert.
1890 – mit 27 Jahren – bewarb sich Hehn bei der Stadt Köln als Nachtwächter, wo er im Severinsveedel eingesetzt wurde & bereits damals schon einen stattlichen Bauch vor sich hertrug. Zwar trug er bei der Arbeit auch immer seine Säbelscheide unterm Rock, doch jeder wusste, dass Hehn den Säbel daheim ließ, da „dat doch wieh deit!“
1894 – und damit schließt sich der Kreis zum Anfang – wurde er dann von der Polizei übernommen und wurde vom Vringsveedel nach Bayenthal versetzt. 23 Uhr begann seine Schicht und laut Kollegen verzehrte er zunächst einen riesigen Turm an Broten mit Speck. Oftmals nahm er sich aus der Hirschbrauerei Bierflaschen „für später“ mit und versteckte diese im Efeu zwischen Tacitus- und Alteburgerstr. Doch die Pänz von Bayenthal bedienten sich & oft fand er seinen Proviant leer vor. Aber man konnte ihn schnell wieder versöhnen „met dressig Droppe kann mer alles widder got maache“.

Für immer im Gedächtnis
Eines Nachts machten sich einige Studenten Hehns Vorlieben für Backstuben zu nutzen, indem sie ihn erst ordentlich abfüllten und ihn dann in eine Backstube schleppten, wo sie ihn – mal von vorne, mal von hinten – gegen die Mehlsäcke lehnten, bis seine blaue Uniform unkenntlich war. Nun war es so, dass sich jede Nacht 2 Uhr alle Beamten im Revier melden mussten – auch Hehn kam der Anordnung nach & die Studenten schleiften ihn „voll wie en Ühl“ und von Kopf bis Fuß in Mehl gepudert aufs Revier, wo sein Vorgesetzter ihn sich ordentlich zur Brust nahm.
Eine andere – schaurige – Geschichte trug sich zu. Als der Bürger Karl Baur eines Abends an der Uferstr. Einen Toten fand, der sich an einem Gitter erhängt hatte. Um Leidwesen von Streukooche musste er sich nun um den Transport kümmern. Dazu hatte er eine kleine zweirädrige Karre organisiert, wo der Tote aufgeladen & zum Hospital transportiert wurde. „Wann do noch ens su en versoffe Krad fings, die sich opgehange hät, dann ließ do die gefälligs hange, ohne mer jet dovun zu sage!“, reagiert der Schutzmann verstimmt – nur mit etlichen Körnchen war er zu beruhigen.
1915 – als 52-jähriger – ging er in Pension, verließ Köln & kaufte sich für 45000 Goldmark ein haus in Unkel. Man sieht also, wer es schaffte seine Groschen zusammenzuhalten, konnte auch in damaliger Zeit einiges erreichen. So manch guter Tropfen Wein floss noch durch seine Kehle, bevor er am 25.12.1920 die Augen für immer schloss. All die „Ahle“ aus dem Severins- und Bayenthalveedel trauerten aufrichtig und viele Anekdoten endeten mit: „Hä wor ne dudgode Kääl!“ Die Figur des Schutzmann Streukooche blieb am Leben. So berichtete nach dem Krieg der Karikaturist ALEKS (Alfred Küsshauer), dass Polizisten, die es verstanden, schneller als Normalbürger an Lebensmittel zu kommen, als „Schutzmann Streukooche“ bezeichnet wurden.